Dieser Artikel bezieht sich vorwiegend auf die Verrechnungspreis-Dokumentation in Italien, die Inhalte gelten aber auch für andere Länder/Staaten. Die Verrechnungspreise werden auch häufig auch als Transfer-Preise oder transfer pricing bezeichnet. Umfangreiche Informationen zur GmbH in Italien finden Sie hier: Gründung Gesellschaft in Italien bzw. unter Leistungen für internationale Unternehmen in Italien
Grundlagen zu den Verrechnungspreisen in Italien und allgemein
Innerhalb eines Konzerns oder einer Unternehmensgruppe existieren zahlreiche wechselseitige Geschäftsbeziehungen. Die Konzern-/Unternehmensleitung ist zwar an einer guten Gesamtentwicklung des Konzerns interessiert, dennoch gibt es betriebswirtschaftliche Gründe sowie gesetzliche Vorschriften, welche eine gegenseitige Verrechnung des Waren- oder Leistungsaustausches vorsehen und notwendig machen.
Wenn diese Geschäftsbeziehungen mehrere Länder betreffen, so hat zudem jedes Land und jeder Fiskus ein Interesse daran, einen Anteil am Wertschöpfungs- und Steueraufkommen zu erhalten. Daher darf die Verrechnung der Lieferungen und Leistungen nicht willkürlich erfolgen, sondern muss dem sogenannten Fremdvergleich standhalten: Geschäfte müssen so verrechnet werden, wie dies auch zwischen vergleichbaren fremden Dritten geschehen wäre. Mehr hierzu im Absatz „Fremdvergleichgrundsatz“.
Die Einhaltung dieses Fremdvergleiches muss zudem ausreichend dokumentiert werden, da ansonsten die Gefahr von Einkommens- und Steuerschätzungen seitens der jeweiligen Finanzbehörden droht. Hierzu mehr im Absatz „Geforderte Dokumentation“.
Dieses Dokument ist als Leitfaden gedacht, welcher erläutert, wie die Verrechnungspreisdokumentation (in Italien, gilt aber auch für andere Länder) erstellt werden kann, welche Dokumentation zu erstellen ist und welche Besonderheiten bzw. Vorgehensweisen zu beachten sind. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit oder ständige Aktualität.
Inhalte zusammengefasst aus "OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 2017" und https://www.oecd.org/
Grundlagen zu den Verrechnungspreisen in Italien
Die Verrechnungspreisdokumentation ist kein starres einmaliges Dokument, sondern eine Sammlung von internen (auch elektronischen) Dokumenten, wie zum Beispiel Organigramm, Funktions- und Risikobeschreibungen der einzelnen Konzernunternehmen, betriebsinterne (Preis-)Berechnungen, Kostenanalysen, Kunden-/Lieferanten-/Wettbewerber-Informationen, Produkt- und Dienstleistungs-Know-How usw.
Daher sollte die Erstellung und Aktualisierung nicht einfach einem externen Dienstleister übertragen werden, sondern die Dokumentation sollte intern geführt und aktualisiert werden. Nur im Bedarfsfall sollten Beratungen und Hilfestellungen von Externen für spezielle Fragen in Anspruch genommen werden.
Die Dokumentation muss nachweisen, dass innerhalb des Konzerns keine Gewinnverschiebungen von einem Land in das andere vollzogen werden. Dies gilt vor allem für Niedrigsteuerländer. Zudem soll belegt werden, dass in jedem Land ein entsprechender Anteil des Konzerngewinns versteuert wird, welcher auch dem Wertschöpfungsbeitrag in dem jeweiligen Land entspricht.
Dabei sind alle Geschäfte und Leistungen mit verbundenen Unternehmen zu analysieren und für alle beteiligten Unternehmen ist eine umfassende Funktions- und Risikoanalyse zu erstellen. Die OECD und die einzelnen Länder geben dabei einige Anleitungen, wie z. B. die Aufteilung in Master-/Countryfile und Country-by-Country-Report. Die Erstellung der Dokumentation sollte beginnend von der Gesellschaft „ganz oben im Organigramm“ aus erfolgen. Es müssen jedoch auch die Bestimmungen und Gegebenheiten der einzelnen Länder, in denen sich die (Tochter-)Gesellschaften befinden, berücksichtigt werden. Dies daher, da sich die Richtlinien je Land unterscheiden und auch steuerliche Besonderheiten (Anerkennung der Kosten, Steuerbesonderheiten) zu beachten sein können.
Die Dokumentation selbst ist kein Ersatzdokument für eine vollständige Betriebsprüfung, sondern ein Dokument zur Risikoabschätzung für die Steuerbehörden inkl. Dokumentation der wichtigsten und bedeutendsten Geschäftsvorfälle, welche in den Anwendungsbereich der Verrechnungspreise fallen.
Generell gilt zu beachten, dass die Vorschriften und Verfahrensanweisungen weltweit mehrere zehntausend Seiten füllen. Ein guter Mittelweg zwischen Dokumentationsaufwand und Anwendung steueroptimierender Verrechnungspreise ist zu empfehlen. Sofern eine „ausreichende“ Dokumentation vorliegt, obliegt der Nachweis der Unangemessenheit der Verrechnungspreise dem Finanzamt.
Fremdvergleichsgrundsatz
Grundelement der gesamten Verrechnungspreisdokumentation ist die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Es ist dies der Nachweis, dass bei grenzüberschreitenden Transaktionen (meist Warenbewegungen, aber auch Leistungen) zwischen nahestehenden Unternehmen/Personen vergleichbare Geschäftsbedingungen (vor allem Preise) verwendet werden, so wie dies bei Geschäften mit unabhängigen Dritten (also mit ganz „normalen“ Kunden) geschehen würde. Dies wird auch „dealing at arm’s length“ - Prinzip (ALP) genannt.
Ein Unternehmen (oder auch eine natürliche Person) gilt als nahestehend, wenn:
- es an dem Steuerpflichtigen mind. zu 25% unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (oder umgekehrt),
- es auf den Steuerpflichtigen beherrschenden Einfluss ausüben kann (oder umgekehrt, z. B. nur 20% beteiligt, aber Mehrheit im Verwaltungs- oder Aufsichtsrat),
- ein drittes Unternehmen oder eine dritte Person an einem der beiden betroffenen Unternehmen wesentlich beteiligt ist oder beherrschenden Einfluss ausüben kann,
- eines der beiden betroffenen Unternehmen imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen wesentlichen Einfluss auszuüben oder ein Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.
Grundlegend für den Fremdvergleich ist die
Vergleichbarkeitsanalyse, für welche die OECD einen Neun-Schritte-Prozess zur Verfügung stellt. Diese wird unter dem Absatz „
Erläuterung der wichtigsten Begriffe bzgl. Verrechnungspreise - Kernelement: Vergleichbarkeits- und Verrechnungspreisanalyse“ beschrieben.
Alternativ zum Fremdvergleichsgrundsatz haben Unternehmen die Möglichkeit, Advanced Pricing Agreements (APA) zu vereinbaren. Diese stellen zeitlich befristete Vereinbarungen zwischen den Steuerpflichtigen und den beteiligten Steuerverwaltungen dar. Diese regeln, welche Verrechnungspreismethode und welche Preise oder Margen im Rahmen des internen Leistungsaustausches anwendbar sind und von den jeweiligen Finanzverwaltungen akzeptiert werden.
Geforderte Dokumentation
1. Master File (Stammdokumentation)
Das Master File soll einen allgemeinen Überblick über die Tätigkeit des multinationalen Konzerns, einschließlich der Art der globalen Geschäftstätigkeit, der Verrechnungspreispolitik insgesamt sowie der Verteilung der Einkünfte geben. Man spricht von high-level-Dokumentation, Details sind nicht nötig. Auch Querverweise auf bereits bestehende Dokumente sind möglich, um den Aufwand für die Erstellung etwas zu reduzieren. Eine Erstellung auf Englisch ist möglich. Anbei kurz aufgelistet der Inhalt:
Organisationsaufbau
- Rechts- und Eigentumsstruktur, geografische Verteilung
Geschäftstätigkeit
- Faktoren für den Unternehmensgewinn (globale Verteilung der Geschäfte)
- Lieferkette der 5 wichtigsten Produkte/Dienstleistungen nach Umsatz, des Weiteren all jene mit mehr als 5% des Konzernumsatzes
- Auflistung und kurze Beschreibung der wichtigsten Dienstleistungsvereinbarungen innerhalb des Konzern (ohne Forschung & Entwicklung) inkl. Beschreibung der Kapazitäten der Hauptstandorte, welche wichtige Dienstleistungen erbringen und Bestimmungen der für konzerninterne Dienstleistungen zu zahlenden Preise
- Beschreibung der wichtigsten geografischen Märkte
- Kurze Funktionsanalyse über die Wertschöpfung der einzelnen Geschäftseinheiten (inkl. übernommene Risiken und genutzte Vermögenswerte)
- Beschreibung wichtiger Umstrukturierungen
Immaterielle Werte
- Beschreibung der Gesamtstrategie für Entwicklung und Verwendung immaterieller Werte inkl. Auflistung der wichtigsten F&E-Einrichtungen
- Auflistung immaterieller Werte, welche von Bedeutung sind inkl. Eigentümer
- Auflistung wichtiger Vereinbarungen bzgl. immaterieller Werte (Kostenumlagevereinbarung, Lizenzvereinbarungen usw.)
- Allgemeine Beschreibung der Verrechnungspreispolitik bzgl. F&E und immaterielle Werte
- Beschreibung der wichtigen Übertragungen von Rechten an immateriellen Werten im Konzern
Finanztätigkeiten
- Allgemeine Beschreibung wie der Konzern finanziert wird inkl. wichtiger Vereinbarungen mit konzernfremden Kreditgebern
- Identifizierung aller Konzernunternehmen mit wichtiger Finanzierungsfunktion
Finanzlage und Steuerpositionen
- Konsolidierter Jahresabschluss falls vorhanden
- Kurze Beschreibung von Vorabverständigungen (advance pricing arrangements – APA) oder Vorabzusagen (tax rulings) bzgl. Aufteilung der Erträge zwischen den Staaten
2. Local File
Das Local File ist eine landesspezifische Dokumentation über wesentliche Geschäftsvorfälle mit Verrechnungspreisbezug. Im Gegensatz zum recht allgemeinen Masterfile, muss das Local File möglichst detailliert ausgearbeitet werden. Die jeweiligen Local Files sind, neben der Dokumentation zur Einhaltung des Fremdvergleiches, das Herzstück der Verrechnungspreisdokumentation.
Viele Finanzverwaltungen verlangen dieses Dokument in der jeweiligen Landessprache, obwohl dies natürlich mit operativen Schwierigkeiten verbunden ist. So ist z. B. in Italien bei einer Kontrolle die Vorlage des Dokumentes auf Italienisch innerhalb von 20 Tagen verpflichtend, wobei aber Unternehmen mit Sitz in Südtirol die Dokumentation auch auf Deutsch vorlegen können. Zudem ist die Anbringung einer digitalen Unterschrift und eines sog. „sicheren Datums“ mittels Zeitstempel nötig. Anbei kurz aufgelistet der Inhalt des Local Files:
Inländische Geschäftseinheit
- Beschreibung Managementstruktur, Organigramm, Personen an welche berichtet wird
- Detaillierte Beschreibung der Geschäftstätigkeit (inkl. Umstrukturierungen, Übertragungen immaterieller Werte)
- Wichtigste Mitbewerber
Konzerninterne Geschäftsvorfälle
- Beschreibung der wesentlichen konzerninternen Geschäftsvorfälle (Beschaffung Herstellungsleistungen, Einkauf Waren, Dienstleistungen, Darlehen, Finanzgarantien, Lizenzen usw.)
- Betrag der geleisteten und empfangenen konzerninternen Zahlungen für jede Art an Geschäftsvorfällen, an denen die inländische Geschäftseinheit beteiligt ist, aufgeschlüsselt nach Staat
- Kopien aller wesentlichen konzerninternen Vereinbarungen
- Hinweis auf die geeignetste Verrechnungspreismethode inkl. Beschreibung, den wichtigsten Annahmen und den Gründen für die Auswahl
- Auflistung vergleichbarerer Fremdgeschäftsvorfälle inkl. Herkunft der Informationen
Finanzinformationen
- Jährlicher Jahresabschluss
- Querverweise zur Verrechnungspreismethode
- Übersichtstabellen über die Finanzdaten der in der Analyse verwendeten Vergleichsgrößen und die Quellen, denen diese Daten entnommen wurden.
3. Country-by-Country-Report
Beim CbC-Report handelt es sich um einen länderbezogenen Bericht für Konzerne mit mehr als 750 Mio. € Umsatz, welcher Informationen zur globalen Aufteilung der Erträge, Steuern und bestimmten weiteren landesspezifischen Daten enthält. Genaue Anleitungen zur Befüllung des Musterformulares finden Sie im Dokument „OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen“.
Quelle: OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen
Weitere bei Anfrage vorzulegende Dokumentation, falls vorhanden: Kostenstellenrechnung, Budgets, Kalkulationen, Reporting, Verrechnungspreis-Studien, Vereinbarungen zur Kostenumlage, Dienstleistungsverträge, Lizenzverträge, Vertriebsverträge, Gewinnaufteilungsverträge...
Mögliche Folgen und Sanktionen
Bei Nichteinhaltung der Verrechnungspreis-Vorschriften bzw. bei Nicht-Vorhandensein der entsprechenden Dokumentation sind nachstehende Folgen möglich:
- Einkommensanpassungen (auch für vergangene Jahre): Anrechnung der Einkünfte so wie diese laut Ansicht der Finanzverwaltung bei einem Geschäft zwischen unabhängigen Parteien angefallen wären
- Doppelbesteuerungen, Strafen und Sanktionen
- Reputationsverlust im Falle öffentlicher Verfahren
Fazit zu den Verrechnungspreisen in Italien
Die Verrechnungspreisdokumentation ist ausgehend vom Strategieträger bzw. von der Muttergesellschaft zu erstellen und hat auch die verbundenen Gesellschaften mit zu berücksichtigen. Die Dokumentation kann je nach Unternehmen einige wenige bis einige tausend Seiten enthalten und dementsprechend aufwändig sein.
Natürlich muss die Dokumentation immer auch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erstellt, aktualisiert und überwacht werden. Das Nicht-Vorhandensein oder die Unvollständigkeit der Dokumentation (auch bereits bei geringeren Beträgen) kann aber aufgrund der möglichen rückwirkenden Berechnungen relativ schnell hohe Strafzahlungen nach sich ziehen.
Wenn wir Ihre Situation prüfen sollen oder Sie an einem unverbindlichen, kostenlosen Erstgespräch interessiert sind, wenden Sie sich bitte an unsere Kanzlei.
Anhang: Erläuterung der wichtigsten Begriffe bzgl. Verrechnungspreise
Um einen Überblick über die bedeutendsten Begriffe, Analysen und Methoden zu bekommen, welche in den vorhergehenden Absätzen teilweise beschrieben wurden und welche für die Verrechnungspreis-Dokumentation essentiell sind, werden diese nachstehend - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - kurz erläutert.
Unternehmensformen
1. Routineunternehmen: (Lohnfertiger, konzerninterne Dienstleistungen, einfache Vertriebstätigkeiten) welche nur in geringem Umfang (immaterielle) Wirtschaftsgüter einsetzen und geringe Risiken tragen.
- geringe, aber stabile Gewinne
2. Strategieträger (Entrepreneure): Unternehmen, welche für den Unternehmenserfolg entscheidende Funktionen ausüben, über wesentliche materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter verfügen und wesentliche Risiken tragen.
- große Gewinne, aber auch evtl. große Verluste
3. Hybrid-Unternehmen: Mischform zwischen Routineunternehmen und Strategieträger, meist wesentliche werttreibende Funktion inkl. Wirtschaftsgütern und Risiken, aber ohne konzernweite Verantwortung für die Wertschöpfung und ohne wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente & Markenrechte.
- fallweise Betrachtung nötig
Kernelement: Funktions- und Risikoanalyse
Die Funktions- und Risikoanalyse bildet die Grundlage anhand derer eine erste Einschätzung über die Wertschöpfung und somit über den zu erwartenden Gewinn eines Unternehmens (oder eines Unternehmensteils) gemacht werden kann. Je mehr Funktionen, Aufgaben und Risiken übernommen werden, ein desto höherer Gewinn wird vermutet.
Die Funktions- und Risikoanalyse ist eine Auflistung und Bewertung (pro Unternehmen(s)teil, evtl. auch in Tabellenform) der übernommenen Funktionen (Produzent, Auftragsfertiger, Handelsvertreter; Vertrieb, Management, Marketing, Forschung & Entwicklung, Strategie, Finanzierung, Herstellung, Montage usw.) und Risiken (Abnahmegarantien, Finanzierungsrisiken, Preisschwankungen).
Der Anteil an den übernommenen Funktionen/Aufgaben sollte pro Unternehmen des Konzerns jeweils gewichtet werden. Z. B. Gesellschaft A übernimmt 10% der Forschung & Entwicklung und 90% der Produktion, sowie 100% der Rohstoffpreisschwankungen (da bspw. Produkt X immer zum selben Preis an Gesellschaft B weiterverkauft wird, egal wie sich die Rohstoffpreise entwickeln).
Beispiel vereinfachte Risikoanalyse:
Wertschöpfungskette und -beiträge
Die Wertschöpfungskette beginnt bei der Forschung & Entwicklung und endet beim Endkonsumenten. Meist kann auf die Funktions- und Risikoanalyse verwiesen werden, es sollten jedoch grafische Darstellungen für die wichtigsten Produkte inkl. aller beteiligten Unternehmen erstellt werden. Als vereinfachte Berechnung kann der Wertschöpfungsbeitrag wie folgt berechnet werden: Personalaufwand (inkl. Nebenkosten) + Abschreibung Sachanlagen + EBIT (Betriebsergebnis A - B) = Wertschöpfungsbeitrag.
Generell soll für den Wertschöpfungsbeitrag die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben, da diese Analyse zu sehr komplexen Berechnungen führen kann (Geschäftsleitung ist z. B. oft keinem Prozess genau zuordenbar). Häufig kennt das Unternehmen selbst die wichtigsten Werttreiber/Alleinstellungsmerkmale und weiß, wo diese entstehen. Somit kann auch eine subjektive Zuordnung von Kosten und Wertschöpfungsbeiträgen erfolgen, wodurch auch eine Beschreibung in Worten möglich ist.
Wertschöpfungsbeitragsanalyse
Falls der Konzerngewinn laut einem variablen und einem fixen Anteil aufgeteilt werden soll, so kann dies mit der Wertschöpfungsbeitragsanalyse geschehen (welche Einheit trägt ein großes Risiko, welche trägt wesentlich zur Wertschöpfungskette bei -> diese erhalten einen größeren (variablen) Anteil am Konzerngewinn, andere Einheiten evtl. nur einen fixen Anteil). Die Wertschöpfungsbeitragsanalyse kann und soll zudem auch verwendet werden um nachzuweisen, dass jedes Unternehmen im Konzern anhand der ausgeführten Funktion und Risiken einen „angemessenen“ Gewinnanteil erhält.
Kernelement: Vergleichbarkeits- und Verrechnungspreisanalyse
Nachdem die wichtigsten Funktionen und Risiken identifiziert wurden, kann der „9 step process“ der OECD angewendet werden. Dieser beinhaltet die wichtigsten Schritte, um zur passenden Verrechnungspreismethode zu gelangen und den Fremdvergleich nachzuweisen:
- Festlegung des Zeitraums
- Analyse der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
- Detaillierte Analyse der konkreten konzerninternen Transaktionen
- Prüfung, ob interne Fremdvergleichsdaten vorliegen
- Datenquellen für externen Fremdvergleich bestimmen
- Verrechnungspreismethode und evtl. nötige Finanzkennzahlen auswählen (siehe „Verrechnungspreismethoden“)
- Potenzielle Vergleichsdaten suchen
- Evtl. nötige Anpassungen der Vergleichsdaten durchführen
- Daten auswerten und Verrechnungspreis festlegen
Weiters wird von der OECD empfohlen, einen Prozess zur Bildung, Überwachung und Prüfung der Verrechnungspreisanalyse zu installieren und bei betrieblichen Änderungen die Verrechnungspreisdokumentation zeitnah anzupassen.
Verrechnungspreismethoden
Die unterschiedlichen Verrechnungspreismethoden müssen in folgender Reihenfolge auf die Möglichkeit der Anwendbarkeit, Vergleichbarkeit und Angemessenheit geprüft werden:
- Fremdvergleichspreismethode: Preisbestimmung aufgrund tatsächlich bereits angewandter Preise, z. B. Preise auf Rohstoffbörsen oder effektive Preise von Lieferanten bzw. an Kunden.
- Marktorientierter Preisvergleich: Wiederverkaufspreis, abgeleitet vom Marktpreis abzüglich einer marktüblichen Marge.
- Kostenorientierter Preisvergleich: Verrechnungspreis auf Grundlage der angefallenen Kosten zzgl. eines marktüblichen Aufschlags; nur anzuwenden, wenn Leistender ein begrenztes Risiko trägt.
- Gewinnorientierter Preisvergleich: Vertragspartner teilen sich den realisierten Gewinn nach bestimmten Regeln auf; nur anzuwenden, wenn umfassendes Funktions- und Risikoprofil besteht und wenn andere Methoden nicht anwendbar sind.
Z. B. Produktionsgesellschaft A vereinbart mit Vertriebsgesellschaft B die Verrechnungspreise an eine Zielmarge von 2% ROS (return on sales, Umsatzrendite) zu koppeln. Wenn am Jahresende Zielüber- bzw. -unterschreitungen verrechnet werden, besteht ein wesentliches Risiko, dass diese Verrechnung steuerlich nicht akzeptiert wird. Vorabvereinbarungen mit dem Steueramt wären hilfreich, aber oft unmöglich (Kosten in Deutschland 20 T€); Nachkontrolle auf Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes nötig (wieviel % an ROS hätte man einer unabhängigen Vertriebsgesellschaft zugestanden).
Fremdvergleichspreismethode
Äußerer Preisvergleich: öffentlich zugängliche Preise (Börsenpreise, öffentlich zugängige Lizenz- oder Zinsvereinbarungen).
Innerer Preisvergleich: Vergleich mit marktentstandenen Preisen durch Vereinbarungen mit Dritten (nur anzuwenden, wenn Funktions- und Risikoprofil, aber auch Vertragskonditionen, Qualität, Unternehmensgröße und -image vergleichbar sind). Bei Abweichungen müssen Anpassungsrechnungen vorgenommen werden.
Weiters wird unterschieden zwischen dem tatsächlichen Fremdvergleich (Kosten sind aufgrund tatsächlicher Geschäfte nachweisbar) und dem hypothetischen Fremdvergleich (Kosten werden simuliert).
Zudem können die Werte uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbar sein, dies muss jedoch im Einzelfall geprüft und beschrieben werden. Die Beweislast über eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der Werte obliegt dem Finanzamt, prinzipiell ist bei eingeschränkt vergleichbaren Werten eine Bandbreite zu bilden und der Durchschnitt zu verwenden. Beim hypothetischen Fremdvergleich müssen detaillierte Berechnungen erstellt werden (hoher Dokumentationsaufwand). Falls besonders werthaltige (immaterielle) Güter und Funktionen verwendet werden, gewinnt der hypothetische Fremdvergleich immer mehr an Bedeutung, da die Finanzverwaltungen die tatsächlichen Fremdvergleiche anzweifeln (je komplexer/werthaltiger ein Gut wird, desto schwerer wird es vergleichbar).
Marktorientierter Preisvergleich (Wiederverkaufspreis)
Jener Preis, zu dem die Ware an einen unabhängigen Dritten veräußert würde, abzüglich eines marktüblichen Abschlags, der die Vergütung für die ausgeübte Funktion und übernommenen Risiken beinhaltet (meist also die Bruttomarge, welche sich aus Erlöse minus Wareneinsatz zusammensetzt). Der marktorientierte Preisvergleich wird meist bei Lieferungen von Waren vom Hersteller an die Vertriebsgesellschaft genutzt. Die Ermittlung der Marge sollte auch Faktoren wie Kundenstammpflege, Beitrag zur Markenbildung usw. berücksichtigen. Wird die Ware durch den Wiederverkäufer noch weiterbearbeitet oder weiterentwickelt, so sind evtl. zusätzliche Preisabschläge nötig.
In der Praxis wird der Wiederverkaufspreis häufig mit der TNMM-Methode (= gewinnorientierter Preisvergleich) verknüpft, d. h. unterjährig wird zwar mit dem Wiederverkaufspreis abzgl. Marge gearbeitet, am Jahresende wird aber ein Ausgleich aufgrund einer Kennzahl (z. B. ROS) gemacht. Allerdings kann diese Jahresendanpassung zur Nichtanerkennung in einem der Länder und somit zur Doppelbesteuerung führen.
Die Bestimmung der Marge kann ebenfalls durch inneren oder äußeren Preisvergleich erfolgen, sollte diese Daten nicht vorliegen, können branchenübliche Gewinnsätze aus Datenbanken verwendet werden.
Kostenorientierter Preisvergleich (Kostenaufschlagspreis)
Prinzipiell sollen alle Kosten (auch Materialverschleiß, Anteil Wartung Maschinen, Leasingkosten Maschinen, Warenausschuss usw.) berücksichtigt werden, die dem Leistenden entstehen und ein branchenüblicher Kostenaufschlag hinzugerechnet werden. Diese Methode findet häufig bei der Vergütung von unterstützenden Dienstleistungen oder der Fertigung von Halbfertigwaren Anwendung. Sollten werthaltige immaterielle Werte bei der Produktion/Leistung eine Rolle spielen (z. B. wertvolle Erfindung welche geringe Forschungskosten erfordert hatte), so können Korrekturen der Kosten nach oben hin notwendig sein.
Wenn Serviceleistungen von konzerninternen Routineunternehmen durchgeführt werden (z. B. Büroarbeiten, Lohnfertiger usw.) so kann ebenfalls die Kostenaufschlagsmethode angewandt werden. Dem leistenden Unternehmen wird dadurch ein konstanter, stabiler Gewinn zugewiesen (normalerweise 5%). Das abnehmende Unternehmen ist dabei im Normalfall der Strategieträger. Sollte sich der Lohnfertiger in einem Lohnniedrigland befinden, so ist zu beachten, dass die Finanzverwaltungen im Land des Strategieträgers darauf bestehen, dass dem Routineunternehmen nur ein geringer Gewinn zugewiesen wird, damit Standortvorteile nicht zu stark ausgenützt werden können (siehe Bestimmungen zur Funktionsverlagerung bzw. Aufteilung von Standortvorteilen).
Des Weiteren kann die Berechnung aufgrund von Plan-Kosten oder Ist-Kosten durchgeführt werden. Plan-Kosten ergeben sich z. B. aus den Durchschnittspreisen für Rohstoffe über einen längeren Zeitraum. Bei der Ist-Kosten-Methode werden die tatsächlichen Preise der Rohstoffe verwendet und somit Preisschwankungen voll auf den Käufer übertragen.
Gewinnorientierter Preisvergleich
1. TNMM (transactional net margin method, Nettomargen-Methode): Der Verrechnungspreis wird z. B. aufgrund der Nettomarge (Betriebsergebnis EBIT) festgelegt, meist mit Jahresendanpassungen. Häufig wird er in Kombination mit Wiederverkaufs- oder Kostenaufschlagspreis verwendet, da nur das EBIT bei Benchmarkingstudien zahlenmäßig nachgewiesen werden kann. Die TNMM wird nur anerkannt, wenn keine der Standardmethoden (Fremdvergleichspreis, markt- oder kostenorientierter Preisvergleich) anwendbar ist und wenn die Lieferung/Leistung von Routineunternehmen ausgeführt wird. Die Berechnungsmethodik muss zudem im Vorhinein vereinbart worden sein und es muss glaubhaft gemacht werden, dass die Methodik auch zwischen fremden Dritten angewandt worden wäre. In Europa wird am häufigsten die AMADEUS-Datenbank unter http://amadeus.bvdinfo.com oder die ORBIS-Datenbank unter http://orbis.bvdinfo.com als Referenz verwendet. Mithilfe dieser können durch Auswahlkriterien genaue Suchergebnisse erzielt und Benchmarkinformationen erlangt werden. Die verwendeten Suchmethoden sind in der Verrechnungspreisdokumentation ebenfalls genau darzulegen.
2. Gewinnaufteilungsmethode: Nettogewinn oder eine Gewinnmarge werden zwischen den konzerninternen Unternehmen aufgeteilt. Diese Methode ist nicht anwendbar für Unternehmen mit Routinefunktion, es benötigt also eine Dokumentation über das Funktions- und Risikoprofil, die Unternehmen müssen über wesentliche materielle und/oder immaterielle Werte verfügen und vergleichbare Aufgaben haben. Die Margen müssen ebenfalls im Vorhinein bestimmt worden sein und auch als geeignet eingestuft werden. Einige Länder erkennen diese Methode nicht an. Ein Anwendungsbereich könnte die Verrechnung zwischen zwei Strategieträgern sein, welche häufig (immaterielle) Wirtschaftsgüter austauschen.
3. Restgewinnaufteilungsmethode: Den Unternehmen wird ein Basisgewinn aufgrund ihrer Routinefunktion zugeordnet (meist aufgrund der Kostenaufschlagsmethode), der verbleibende Restgewinn wird anschließend nach Wertigkeit der eingesetzten (immateriellen) Wirtschaftsgüter bzw. Funktionen aufgeteilt.
Kurzbeschreibung der Verrechnungspreismethoden und der Angemessenheitsnachweise
Verrechnungspreismethode
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Beschreibung
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Angemessenheitsnachweise
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Fremdvergleichspreis
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Marktpreis zum Zeitpunkt der Begründung des Vertragsverhältnisses
Interne Fremdpreise
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Nachweis der Marktpreise wie z.B. Börsenkurse, Zinsen etc.
Vorlage der Vereinbarungen mit fremden Dritten wie z.B.
Lizenzverträge, Kreditvereinbarungen mit fremden Dritten
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Marktorientierte
Methode
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Absetzpreis abzüglich einer Marge
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Nachweis der Absetzpreise, Nachweis der Marge mit z. B. Drittdaten
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Kostenorientierte
Methode
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i.d.R. Vollkosten zzgl. eines Kostenaufschlagsatzes, bei Service-Gesellschaften ist ein Cost-Plus-Aufschlag von 5% als angemessen anzusehen
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Nachweis Kostenbemessungsgrundlage,
Nachweis des Kostenaufschlagssatzes, z. B. an Hand von
Drittdaten
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Gewinnorientierte
Methode
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Aufteilung Brutto- oder Nettomarge
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Bestimmung und Abgrenzung der Gewinnbezugsgröße,
Nachweis des Gewinnaufteilungs-schlüssel, i.d.R. auf der
Grundlage interner Daten
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Planrechnung als Fremdvergleichspreis
In der Praxis wird noch häufig die Planrechnung zur Verrechnungspreisfindung angewendet. Diese besteht in vielen Unternehmen bereits, da sie die Kalkulationsgrundlage für den effektiven Preisfindungsprozess gegenüber Dritten ist. Wird diese angewandt, so ist sie ebenfalls genau zu dokumentieren.
Sie ist zulässig wenn:
- ein externer oder interner Preisvergleich nicht möglich ist
- bei Anwendung der Kostenaufschlags- oder Wiederverkaufspreismethode entsprechende Margen mit zumutbarem Aufwand nicht ermittelbar oder keinen verlässlichen Vergleich ermöglichen
- die konzerninternen Transaktionen nicht mit unabhängigen Unternehmen vergleichbar sind
- das Unternehmen mehr als Routinefunktionen ausübt und daher eine Datenbankanalyse nicht zulässig ist
Die Daten in der Planrechnung müssen jedoch trotzdem möglichst
fremdvergleichsfähig sein (übliche Gewinnaufschlage, marktübliche Zinsen). Weiters müssen die Plan-Daten auf Erfahrungen aus der Vergangenheit beruhen und kaufmännische, fundierte und vorsichtige Prognosen beinhalten. Ergeben die Ist-Daten Abweichungen (z. B. schwankende Rohstoffpreise, Wirtschaftskrise) zu den Plan-Daten, muss dies erläutert werden und für die nachfolgenden Jahre ist eine Anpassung der Plan-Daten zu machen. Benchmark-Studien oder
Betriebskennzahlen ähnlicher Unternehmen können trotzdem als allgemeiner Hinweis auf die Einhaltung der Fremdvergleichspflichten herangezogen werden.
Kostenumlage und konzerninterne Dienstleistungen
Wenn ein oder mehrere konzerninterne Unternehmen von den Tätigkeiten eines anderen Unternehmens profitieren bzw. Leistungen in Anspruch nehmen, so sind diese Leistungen ebenfalls zu verrechnen und müssen genauso dem Fremdvergleich standhalten.
Nachdem die Kostenberechnung in solchen Fällen meist schwierig ist, wird als Umlageschlüssel häufig der Anteil am Konzerngewinn des jeweiligen Unternehmens verwendet, welches die Leistung in Anspruch nimmt. Diese Umlagen und Dienstleistungen sind ebenfalls genau zu dokumentieren. Weiters ist zu prüfen, ob diese überhaupt steuerlich in den Ländern anerkannt werden oder ob Quellensteuern darauf anfallen.
Quelle:
- OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 2017
- https://www.oecd.org/
Wenn wir Ihre Situation prüfen sollen oder Sie an einem unverbindlichen, kostenlosen Erstgespräch interessiert sind, wenden Sie sich bitte an unsere Kanzlei unter info@graber-partner.com oder +39 0474 572 900.
Umfangreichere Informationen zur Gesellschaft in Italien finden Sie hier: Gründung Gesellschaft in Italien