Seit dem 1. Oktober ist das Gesetz zum Vorweisen des Punkteführerscheins am Bau in Kraft getreten. Es gilt für alle Selbständigen und Unternehmen, deren Mitarbeiter auf Baustellen tätig sind, einschließlich solcher aus der EU, sowie aus Drittstaaten.
Wer benötigt den Punkteführerschein?
Mit dem Gesetzesdekret Nr. 19/2024 wurde der Punkteführerschein im Bausektor offiziell eingeführt, und ist somit ab 01. Oktober in Kraft.
Ab spätestens November muss der Punkteführerschein aktiv sein, da die für Oktober geltende Übergansregelung ausläuft.
Wer benötigt den Punkteführerschein?
Von der Verpflichtung betroffen sind alle Unternehmen, Einzelunternehmen sowie Selbständige ohne Arbeitnehmer, die auf temporären oder mobilen
Baustellen tätig sind. Dies betrifft folglich sämtliche Personen, die direkt auf Baustellen arbeiten, einschließlich Handwerker wie z. B. Hydrauliker, Maler, Elektriker und ähnliche Tätigkeiten.
ACHTUNG: Auch Unternehmen oder Selbstständige, die ihren
Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder auch in einem Nicht-EU-Staat haben, sind verpflichtet, den Punkteführerschein zu beantragen.
Wer ist von der Regelung ausgenommen?
- Unternehmen, die ausschließlich Lieferungen vornehmen und Freiberufler, welche ausschließlich intellektuelle Dienstleistungen erbringen. Dazu zählen z. B. Ingenieure, Architekten, Geometer und vergleichbare Berufe.
- Unternehmen, welche eine SOA-Zertifizierung der Kategorie III oder höher vorweisen können.
Voraussetzungen zum Erhalt des Punkteführerscheines
Damit der Punkteführerschein beantragt und ausgestellt werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, bzw. gemäß den italienischen Gesetzen gleichwertig anerkannte Dokumente vorliegen:
- Eintragung in die Handelskammer, bzw. Handelsregister, Firmenbuch oder in die Industrie, Handwerks- oder Landwirtschaftskammer
- Erfüllung der Ausbildungspflichten durch den Arbeitgeber, Führungskräfte, Aufsichtspersonen, Selbständige und Arbeitnehmer gemäß dem GVD Nr. 81/2008., falls erforderlich
- Besitz eines gültigen DURC (korrekte Beitragszahlung) bzw. Genehmigung A1 NISF, INAIL und falls erforderlich CEBK)
- Besitz einer gültigen Risikobewertung, falls erforderlich
- Besitz eines gültigen DURF (korrekte Steuersituation), falls erforderlich
- Ernennung eines Verantwortlichen für den Arbeitsschutz, falls erforderlich
Wer ist für die Kontrolle des Punkteführerscheines zuständig?
Der Auftraggeber bzw. die Unternehmen, welche Arbeiten an Sub-Unternehmen weitergeben
Für die Kontrolle der Punkteführerscheine sind in erster Linie der
Auftraggeber bzw. die Unternehmen, welche Subaufträge vergeben, zuständig. Diese müssen sicherstellen, dass sämtliche beauftragte Unternehmen zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe den
Punkteschein mit mindestens 15 Punkte vorweisen können. Wird diese Überprüfung versäumt, ist eine Geldbuße zwischen 712 € bis zu 2.563 € vorgesehen.
Das Arbeitsinspektorat
Zusätzlich kann die Kontrolle des Punkteführerscheines inkl. aller dafür erforderlichen und mitzuführenden Unterlagen im Bereich Arbeitsschutz durch das
Arbeitsinspektorat kontrolliert werden. Im Zuge dieser Kontrollen kann es bei Verstößen (siehe Auflistung unter Punkt „Wie funktioniert das Punktesystem?“) zu Punkteabzügen bzw. zum Entzug des Punkteführerscheines kommen.
Wie funktioniert das Punktesystem?
Bei Beantragung des Punkteführerscheines werden dem Antragsteller zunächst 30 Punkte zugewiesen. Diese Punkte können später auf maximal 100 Punkte erhöht werden.
Erlangung von zusätzlichen Punkten
Die Beantragung der zusätzlichen Punkte erfolgt in Zukunft weiterhin über die Online-Plattform des Arbeitsinspektorates. Antragsteller, die die erforderlichen Voraussetzungen bzw.
Schulungen (z. B. Einführung eines Organisationsmodelles lt. Gesetz 81/2008 Art. 30 bzw. Besuch von Schulungen lt. Art. 37 des Gesetzes 81/2008) bereits bei Antragstellung erfüllen, erhalten die zusätzlichen Punkte rückwirkend.
Nach zwei Jahren ohne Vergehen, wird für jedes weitere Jahr ohne Verstoß 1 Punkt zugewiesen, und zwar bis zu einem Maximum von 10 Punkten.
Abzug von Punkten
Je nach Vergehen werden Punkte abgezogen. Im Gesetz ist eine Liste von 29 Verstößen angegeben, welche ausschließlich die Arbeitssicherheit betreffen.
Anbei eine zusammenfassende Aufstellung:
Sobald der Punkteführerschein
weniger als 15 Punkte aufweist, ist es nicht mehr gestattet, auf der Baustelle zu arbeiten, außer zur Fertigstellung bereits begonnener Arbeiten, sofern diese mehr als 30 % des Vertragswertes ausmachen. Zudem dürfen keine neuen Tätigkeiten auf Baustellen mehr angenommen bzw. durchgeführt werden.
Strafen
Bei Ausübung der Tätigkeit auf einer Baustelle ohne den erforderlichen Punkteführerschein oder mit einem Guthaben von weniger als 15 Punkten, wird eine
Verwaltungsstrafe in Höhe von 10 % des Wertes der ausgeführten Arbeiten verhängt, die mindestens 6.000 € beträgt. Zeitgleich wird man für 6 Monate von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen.
Zudem ist zu beachten, dass der Auftraggeber bzw. der Verantwortliche für die Arbeiten, der es versäumt, den Punkteführerschein der ausführenden Unternehmen oder Selbstständigen zu überprüfen, mit einer Geldbuße zwischen 712 € bis zu 2.563 € rechnen muss.
Beantragung des Punkteführerscheines durch Graber & Partner
Nachdem es aktuell für nicht in Italien ansässige Unternehmen kaum möglich ist, den Antrag selbst einzureichen und Arbeitssicherheitsberater diesen Dienst teilweise nicht anbieten, haben wir uns entschieden, bei Bedarf die Erstanträge für die Erlangung des Punkteführerscheins für Sie einzureichen.
Wichtige Informationen, falls Sie uns mit der Beantragung des Punkteführerscheines beauftragen möchten:
- Wenden Sie sich bitte per E-Mail an info@graber-partner.com.
- Für die Beantragung benötigen wir von Ihnen eine Vollmacht einschließlich einer Eigenerklärung, mit welcher Sie bestätigen, dass Sie die Voraussetzungen für die Erlangung des Punkteführerscheins haben. Die Vollmacht einschließlich Eigenerklärung schicken wir Ihnen nach erfolgter Beauftragung zu.
- Nach Beantragung wird der Punkteführerschein ausgestellt; wir leiten Ihnen dann die zugewiesene Protokollnummer weiter.
- Wir kümmern uns um die reine Erst-Beantragung des Punkteführerscheins, übernehmen jedoch keine Überwachung, Folgeberatung oder evtl. notwendige Folgemeldungen. Diese liegen klar im Kompetenzbereich eines Arbeitssicherheitsberaters.
- Bitte beachten Sie, dass wir auch keine inhaltliche Prüfung der Unterlagen in Bezug auf die Arbeitssicherheit vornehmen können.
Alternativ kann der Punkteführerschein von Ihnen selbst über das Online-Portal des nationalen Arbeitsinspektorates unter folgendem Link beantragt werden:
https://servizi.ispettorato.gov.it/. Allerdings ist hierzu ein italienischer SPID (digitale Identität) bzw. CIE (elektronische Identitätskarte EIK) notwendig. Es ist davon auszugehen, dass demnächst auch der Zugang mittels eIDAS (eID) möglich sein wird.