Steuervergleich im Voraus • 2024

12.09.2024

Im Zuge der Steuerreform wurde beginnend mit dem Jahr 2024 ein neues Instrument zur Ermittlung der Einkommens-, Körperschafts- und Wertschöpfungssteuer eingeführt. Dieses besteht darin, dass sich Steuerpflichtige mit der Steuerbehörde vorab auf eine Steuergrundlage für die Jahre 2024 und 2025 einigen können.
In diesem Rundschreiben informieren wir Sie darüber, wie dieser Steuervergleich im Voraus (Concordato preventivo biennale - CPB) funktioniert und was dessen Vor- und Nachteile sind. Schließlich zeigen wir Ihnen auf, was getan werden muss, wenn man von dieser Möglichkeit Gebrauch machen will.


Für wen ist der Steuervergleich im Voraus vorgesehen?

Der Steuervergleich im Voraus ist für Einkommen aus Unternehmertätigkeit und freiberuflicher Tätigkeit unabhängig von der Rechtsform und Art der Buchhaltung vorgesehen. Voraussetzung ist jedoch, dass für die Tätigkeit die Zuverlässigkeitsindizes ISA vorgesehen sind oder das Pauschalsystem für Kleinunternehmer bzw. -freiberufler angewandt worden ist.


Wer ist vom Steuervergleich im Voraus ausgeschlossen?

Sind für eine Tätigkeit keine Zuverlässigkeitsindizes ISA vorgesehen oder lag im Besteuerungszeitraum 2023 ein Ausschlussgrund vor, nach welchem die ISA nicht anzuwenden waren, kann vom Steuervergleich im Voraus nicht Gebrauch gemacht werden.

Die wichtigsten Ausschlussgründe von den ISA sind:
  • Beginn der Tätigkeit im Besteuerungszeitraum
  • Nicht normale Ausübung der Tätigkeit im Besteuerungszeitraum (z. B. weil im Laufe des Jahres eine andere Tätigkeit aufgenommen worden ist)
  • Überschreitung der Erlösgrenze von 5.164.569 € im Besteuerungszeitraum
  • Ausübung mehrerer Tätigkeiten im Besteuerungszeitraum, wobei mit der Haupttätigkeit weniger als 70 % der Erlöse erzielt worden sind.


Was sind die Zuverlässigkeitsindizes ISA?

Bei den ISA handelt es sich um einen Fragebogen, der von Unternehmen und Freiberuflern als Teil der jährlichen Steuererklärung abgegeben werden muss.

Je nach Tätigkeit ist von Unternehmen und Freiberuflern einer von 175 Fragebögen auszufüllen. Hierbei sind neben Daten aus der Buchhaltung und zum Personal auch branchen- bzw. betriebsspezifische Informationen zu liefern. Diese betreffen beispielhaft die Kundenstruktur, Informationen zur Preisgestaltung oder zum eingesetzten Anlagevermögen.

Anhand dieser Informationen vergibt eine Software den Steuerpflichtigen Noten aus einer Skala von 1 bis 10. Hohe Noten von mindestens 8 bringen für Steuerpflichtige eine Reihe von Vorteilen, so u.a. die Verkürzung der Verjährungsfrist um ein Jahr oder die Befreiung vom Bestätigungsvermerk bei MwSt.-Verrechnungsanträgen bis zu 70.000 € oder Verrechnungsanträgen von Einkommens-, Körperschafts- oder Wertschöpfungssteuerguthaben bis zu 50.000 €. Steuerpflichtigen mit niedrigen ISA-Noten (niedriger als 6) soll erhöhte Aufmerksamkeit für Kontrollen von Seiten der Einnahmenagentur geschenkt werden.


Worin besteht der Steuervergleich im Voraus?

Der Steuervergleich im Voraus besteht darin, dass sich Steuerpflichtige mit der Steuerbehörde für die Jahre 2024 und 2025 vorab auf eine Steuergrundlage aus ihrer unternehmerischen bzw. freiberuflichen Tätigkeit einigen.

Ausgangspunkt hierbei ist das erklärte Einkommen des Jahres 2023, welches um außerordentliche Einkommenskomponenten wie Mehr- oder Mindererlöse aus der Veräußerung von Anlagegütern zu bereinigen ist.

Anhand einer Software der Einnahmenagentur wird dann eine Steuergrundlage als Vorschlag für die Jahre 2024 und 2025 ermittelt.

Die Berechnung dieses Vorschlages ist komplex, wobei von uns durchgeführte Tests gezeigt haben, dass immer mindestens das 2023 erklärte Einkommen mit einem Aufschlag von mindestens 5 % für das Jahr 2024 gefordert wird. Für das Jahr 2025 wird dann ein weiterer Einkommenszuwachs in ähnlicher Höhe verlangt.

Hierzu zwei konkrete Beispiele:
Ein Handwerksbetrieb mit einer ISA-Note von 10 hat im Jahr 2023 ein besteuerbares Einkommen von 215 T€ erklärt. 21 T€ davon waren auf einen Veräußerungsgewinn aus einem Anlagegut zurückzuführen. Ausgangspunkt für die Berechnung des Einkommensvorschlags für die Jahre 2024 und 2025 ist somit ein bereinigtes Einkommen von 194 T€. Die Software der Einnahmenagentur berechnet in diesem Fall für das Jahr 2024 ein Einkommen von 205 T€ und für das Jahr 2025 ein Einkommen von 217 T€.

Ein Restaurantbetrieb mit einer ISA-Note von 6,65 hat im Jahr 2023 ein besteuerbares Einkommen von 70 T€ erklärt. Es lagen keine außerordentlichen Einkommenskomponenten vor, deshalb sind die 70 T€ auch Ausgangspunkt für die Berechnung des Einkommensvorschlags für die Jahre 2024 und 2025. Die Software der Einnahmenagentur berechnet in diesem Fall für das Jahr 2024 ein Einkommen von 90 T€ und für das Jahr 2025 ein Einkommen von 111 T€.


Welche Alternativen haben Steuerpflichtige?

Für Steuerpflichtige besteht die Möglichkeit, auf den Vorschlag der Einnahmenagentur einzugehen oder nicht. Wird der Vorschlag angenommen, bedeutet dies, dass unabhängig vom tatsächlich erzielten Einkommen das vorgeschlagene Einkommen in den Jahren 2024 und 2025 zu versteuern ist. Eine evtl. Annahme des Vorschlags hat in der Steuererklärung für das Jahr 2023 zu erfolgen. Abgabetermin hierfür ist der 31.10.2024.

Wird der Vorschlag nicht angenommen, erfolgt die Besteuerung weiterhin aufgrund des tatsächlich erzielten Einkommens.


Welche Vorteile bringt die Anwendung des Steuervergleichs im Voraus?

Durch die Annahme des Steuervergleichs im Voraus ergeben sich folgende Vorteile:
  • Die Steuergrundlage für die Jahre 2024 und 2025 wird im Voraus festgelegt. Somit weiß man im Voraus, welche Steuerlast auf einen zukommt.
  • Erzielt man effektiv ein höheres Einkommen als jenes, auf welches man sich mit der Einnahmenagentur geeinigt hat, ist dies steuerfrei.
  • Es kommen automatisch die oben genannten Vorteile einer ISA-Note von mindestens 8 zur Anwendung.
  • Die Differenz zwischen dem vorgeschlagenen Einkommen der Jahre 2024 bzw. 2025 und dem bereinigten Einkommen des Jahres 2023 wird begünstigt besteuert. Bei einer ISA-Note von mehr als 8 mit 10 %, bei einer zwischen 6 und 8 mit 12 % und bei einer von weniger als 6 mit 15 %.
Zur Veranschaulichung der Steuervorteile hier noch einmal die obigen Beispiele des Handwerks- und des Restaurantbetriebes beschränkt auf das Jahr 2024:

 

Handwerksbetrieb

Restaurantbetrieb

ISA-Note 2023

10,00

6,65

Bereinigtes Einkommen 2023 (A)

194 T€

70 T€

Einkommensvorschlag 2024 (B)

205 T€

90 T€

Effektives Einkommen 2024 (C)*)

230 T€

100 T€

Normal besteuertes Einkommen 2024 (A)

194 T€

70 T€

Begünstigt besteuertes Einkommen 2024 (B-A)

11 T€

20 T€

Begünstigter Steuersatz Einkommenszuwachs

10 %

12 %

Steuerfreies Einkommen 2024 (C-B)

25 T€

10 T€

Ermittelte Steuerersparnis**)

ca. 15 T€

ca. 11 T€

*) Annahme **) im Falle eines Einzelunternehmens


Welchen Nachteil bringt der Steuervergleich im Voraus?

Die Vorteilhaftigkeit des Steuervergleichs im Voraus steht und fällt mit den effektiv in den Jahren 2024 und 2025 erzielten Einkommen. Liegt das tatsächlich erzielte Einkommen unter jenem, was vorab mit der Einnahmenagentur vereinbart wurde, bedeutet dies, dass die Differenz versteuert werden muss, ohne das Einkommen effektiv erzielt zu haben.


Sonderregelung Pauschalsystem

Für Steuerpflichtige, welche das Pauschalsystem für Kleinunternehmer bzw. -freiberufler anwenden, gibt es eine Sonderregelung. Obwohl für diese die ISA nicht auszufüllen sind, können sie trotzdem für den Steuervergleich im Voraus optieren. Die Option gilt jedoch nur für ein Jahr d.h. für das Jahr 2024. Auf die Differenz zwischen dem vorgeschlagenen Einkommen des Jahres 2024 dem Einkommen des Jahres 2023 kann der begünstigter Steuersatz von 10 % (anstatt 15 %) bzw. 3 % (anstatt 5 %, sofern die Voraussetzungen zur Start-up-Begünstigung vorliegen) angewandt werden. Jener Betrag, um welchen das effektiv erzielte Einkommen das vereinbarte Einkommen übersteigt, ist steuerfrei.

Bei Steuerpflichtigen im Pauschalsystem ist das Potential für eine Steuerersparnis durch Annahme des Steuervergleichs im Voraus geringer als bei normal besteuerten Steuerpflichtigen. Nachdem die Option jedoch nur für das Jahr 2024 gilt, ist das Risiko, das geforderte Einkommen nicht zu erzielen, um einiges niedriger. Nachdem nur noch knapp 4 Monate des laufenden Jahres vor uns liegen, dürfte eine Prognose des effektiven Einkommens 2024 möglich sein.


Fazit

Der Steuervergleich im Voraus bietet eine Reihe von Vorteilen, von denen die mögliche Steuerersparnis von größter Bedeutung ist. Ob dieser Vorteil jedoch zum Tragen kommt, hängt einzig und allein davon ab, wie weit das effektiv erzielte Einkommen vom geforderten Einkommen abweicht. Für die Berechnung des geforderten Einkommens ist eine genaue Prüfung der Steuersituation notwendig.

Wenn für Sie der Steuervergleich im Voraus in Frage kommt, wenden Sie sich bitte innerhalb 25.09.2024 an Ihren persönlichen Betreuer der Finanzbuchhaltung.
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